Radpilgertour

Sept. 2020: in 6 Tagen quer durch Deutschland auf den Spuren von Kaiser Heinrich II.

Distanz 432 km  – Höhenmeter 4.140 (up) – ca. 28 Std. im Sattel

Tag 1: 107 km - 670 hm - 6 Std.

Hildesheim - Alfeld - Northeim

Über bekannte Wege unseres Heimatreviers fahren wir  nach Hildesheim, wo wir von  Pastor Klemens Teichert den Pilgersegen erhaltenen und Richtung Alfeld aufbrechen.

Am roten Berg von Sibbese ist unsere erste Bergprüfung. Die Steigung von bis zu 15% zieht sich endlos dahin und das Gewicht in den Packtaschen lässt die Räder kleben.  In Alfeld bewundern wir das alte Schulhaus und machen Mittag bei den historischen Fagus-Werken.

Nun ist die Leine unser treuer Begleiter. Auf Feld- und Radwegen rollt es sich gut immer leicht bergan nach Einbeck. Dort bestaunen wir die gut erhaltene Altstadt und das berühmte Rathaus. Statt eines Einbeckers (= Bier) genießen wir lieber ein Eis.

Die letzen 20 km nach Northeim reißen wir auf einer Backe ab. Doch ehrlich gesagt tun beide schon ziemlich weh. Die Jugendherberge in Northeim ist unser erstes Quartier. Sehr zufrieden und ganz schön fertig gönnen wir uns noch vor der Dusche ein „dreckiges Bier“.

Die Strecke: https://www.komoot.de/tour/95273759?ref=wtd

Tag 2: 91 km - 670 hm - 6,5 Std.

Northeim - duderstadt - Volkenroda

Als wir um 8:30 Uhr aufbrechen scheinen unsere Räder ausgeruhter als wir. Über Katlenburg geht es an der Rhume entlang nach Gieboldehausen, in das Eichsfeld. Dort machen wir eine kurzen Kaffeestopp ( Danke Alfred).

In Duderstadt und bewundern den schönen Markt, mit seinen mittelalterlichen Häusern und besichtigen St. Syriakis, den „Eichsfelder Dom“. Seine Raumgestaltung ist eher nüchtern evangelisch, die Ausstattung dagegen prächtig katholisch, ökumenisch wie unsere Pilgertruppe.

Nun verlassen wir Niedersachsen, passieren den ehemaligen eisernen Vorhang und befinden uns in Thüringen. In Leinefelde suchen wir die Leinequelle und und entdecken Sie nach einem Tipp in einem privaten Garten. Jetzt beginnt ein langer Anstieg bis auf 540 hm, meditatives Radeln ist angesagt.

Nach Querung eines ehemaligen Truppenübungsplatzes erreichen wir das Kloster gegen 17:30 Uhr. Die Pforte ist schon geschlossen, doch ein Hinweiszettel zeigt uns unsere Zimmer. Im Weinkeller treffen wir noch andere Pilger zu interessanten Gesprächen.

Die Strecke: https://www.komoot.de/tour/95618782?ref=wtd

Tag 3: 94 km – 1.260 hm – 6:07 Std

Volkenroda - Bad Langensalza - Ilmenau

In der klösterlichen Stille von Volkenroda können wir gut regenerieren und mit einem guten Frühstück verlassen wir diesen spirituellen und ländlichen Ort.

Im Flow rollen wir nach Bad Langensalza und meditieren im sehenswerten japanischen Garten.

Der dichte Montagsverkehr auf der B247 nach Gotha lässt uns nur selten durchatmen. Am Schloss Friedenstein sind die berühmten Wasserspiele wegen Restauration abgeschaltet, aber der Ausblick über die Altstadt Gothas entschädigt für den steilen Anstieg.

Über Ohrdruf, dem Geburtsort von Johan Sebastian Bach radeln wir stetig bergauf.

Nach 5,5 Stunden haben wir den höchsten Punkt für heute erreicht: 566 m N.N. und können auf einem Singletrail nach Ilmenau noch etwas entspannen. Dank eines Tipps von Florian, dem Empfangschef der JH Ilmenau, können wir unser Bergfest im Gasthaus zur Post feiern. Und da ist heute Schnitzeltag – reichhaltig und lecker!

Lennarts Fazit des Tages: Thüringen bekommt das Prädikat „zehnt-schönstes Radland der Bundesrepublik“ – 6 Länder hat er noch nicht beradelt.

Die Strecke: https://www.komoot.de/tour/95796875?ref=wtd

Tag 4: 78 km – 850 hm – 5 Std.

Ilmenau - Neustadt/a.R. - Coburg

Ganz schön frisch heute Morgen, als wir wohl genährt und ausgeruht in Ilmenau starten. Auf dem Rennsteig-Radweg geht es zunächst locker voran.

In Neustadt am Rennsteig erreichen wir mit 830 m N.N. den höchsten Punkt unserer Tour. Dort machen wir eine Kaffepause. Die dortige Michaeliskirche hat wunderschöne Kirchenfenster.

Nach einem ordentlichen Anstieg erreichen wir Masserberg, mit Bergkirche und schönem Rathaus. Etwas später führt uns der Rennsteig durch den Ort Gehren, ohne Kemper. Gut, dass wir da nichts geerbt haben, denn das Schloss ist in einem miserablen Zustand.

Die obere Werraquelle hat kaum Wasser und wir machen uns Sorgen, wie es weiter unten aussieht.

Über die Eisfelder Ausspanne geht es 300 hm am Stück steil bergab nach Sachsenbrunn. Leider gibt es dort nichts zu essen :  Dienstags = Ruhetag.

In Eisfeld kommen wir dann endlich zu unserer Thüringer Rostbratwurst, witzigerweise aus Gehren. Kurz darauf erreichen wir Gösdorf, wo noch ein Rest der deutsch-deutschen Grenzmauer steht. Die bayerische Grenze passieren wir ohne Kontrolle. Wir finden Europa ohne Grenzen prima!

Auf der Trasse der Werrabahn kommen wir gut voran und genießen ein abschließendes „schmutziges“ Bier im Brauhaus zu Coburg.
Unser Quartier ist heute der Gerberhof, mitten im Zentrum.

Nach der Verkostung von Bratwurscht, Zungenschnalzer und Pfefferhaxn im Brauhaus zu Coburg und dem süffigen Bier fallen wir in unsere Betten und den dringend notwendigen Erholungsschlaf.

Die Strecke: https://www.komoot.de/tour/95914581?ref=itd

Tag 5: 65 km – 690 hm – 4:17 Std.

Coburg - Staffelstein - Bamberg

Heute können wir endlich die Funktionsfähigkeit unserer Regenkleidung testen. Im strömenden Regen geht es über den Itzgrund nach Lichtenfels und hinauf zur Basilika Vierzehnheiligen, wo uns der Kirchenraum polarisiert. Während ein Teil des Teams dieses als Ausdruck katholischer Ekstase (hervorgerufen durch den Genuss hervorragender lokaler Brauerkunst) interpretiert, irritiert andere die überbordende Pracht des Rokkoko. Dies diskutieren wir bei einer Brotzeit in der direkt nebenan gelegenen Brauerei Trunk bei einem „Nothelfer-Bier“.

Frisch gestärkt erklimmen wir den kleinen Bruder des Staffelbergs, den Veitsberg mit der Wallfahrtskapelle.

Über Scheßlitz geht es in  stetem bergauf und -ab nach Memmelsdorf.  Dort statten wir der 3 Kronen-Brauerei aus alter Verbundenheit einen kurzen Besuch ab.

Doch wir werden erwartet und rollen endlich unserem Ziel entgegen – Bamberg, die Stadt der 100 (gefühlt) Kirchtürme, Weltkulturerbe wie Hildesheim, auf sieben Hügel gebaut wie Rom, Venedig des Nordens und Fotomotiv auf jeder zweiten japanischen und chinesischen Digitalkamera.

Zum Dank für unsere heil und gesund überstandene Radpilgerfahrt ist unser erstes Ziel der Bamberger Dom, wo wir den hl. Heinrich und seine hl. Kuni(gunde) besuchen. Der Hausherr, Dompfarrer Dr. Markus Krohmann erteilt uns den Abschlusssegen in der Nagelkapelle.

Das Tourende wird zünftig in der Brauerei Fäßla gefeiert 🍻.

Die Strecke: https://www.komoot.de/tour/96048086?ref=wtd

Tag 6: ca. 420 km – ? hm – 7:30 Std!

Bamberg - Hannover mit der Bahn

Nach leckerem Frühstück mit Bamberger Hörnla und hausgemachter Marmelade ist zunächst die Wäsche dran. Ganz entspannt können wir uns dann Bamberg anschauen und ein paar nette G’schäftla aufsuchen.

Mit dem neuen ICE – er hat nur 5 min Verspätung – fahren wir Richtung Leipzig. Kurz vor Leipzig bleibt der Zug dann erst mal stehen, wegen Kinder auf den Gleisen. Das dauert und so ist unser Anschlußzug nach Hannover schon weg. Vor dem DB-Servicezentrum  steht schon eine ziemlich lange Schlange genervter Fahrgäste vor ebenso genervten DB-Mitarbeitern.

Und dann geschieht ein (Service-)Wunder: Frau Sturm spricht uns an und fragt, wie sie uns helfen kann! Durch energisches Nachtelefonieren bekommt sie heraus, dass im letzten! IC nach Platz für unsere Räder und uns ist. So erreichen wir kurz vor 24:00 Uhr Hannover und radeln noch die letzen Kilometer nach Hause.

Karte gesamt HI-BA

Wir sind glücklich, voller Stolz und Freude und auch ein wenig traurig, das sie schon vorbei ist unsere 430 km Tour.

Ein tolles Team hat sich gebildet und wir haben uns ganz intensiv kennengelernt. Wir haben in 5 Tagen viele Kalorien verbrannt und in angenehmer Art und Weise wieder zu uns genommen, wunderschöne Landschaften gesehen und viele gute Gespräche geführt.

Unsere Räder haben – bis auf 2 Platten – gut durchgehalten und wir hatten keinen Sturz oder Unfall. Schließlich hatten wir ja den Segen von oben, im meteorologischen wie auch spirituellen Sinn. Unsere Radpilgertour Hildesheim – Bamberg ist damit Geschichte.